Familie prägt

7. Aug 2018Allgemein, Beziehung, Familie

Familie prägt

Unsere heutige Lebens- und Arbeitswelt verlangt ein vielschichtiges fachliches Wissen und Können. Es verlangt aber auch eine gesunde Selbstsorge, damit wir nicht zwischen den Anforderungen aufgerieben werden, die von innen wie von außen an einen herangetragen werden. Nicht nur ein Kümmern um andere, sondern auch ein sinnvoller, aufmerksamer Umgang mit uns selbst ist erforderlich, um den Spagat zwischen Familie und Beruf langfristig gesund bewältigen zu können.

Funktionierende Beziehungen sind dafür ein wichtiges Konstante. Familiäre Beziehungen sind von besonderem Wert. Sie sind vielschichtig und begleiten uns von Geburt an ein ganzes Leben lang. Sie bestimmen unsere Denk- und Verhaltensmuster, unsere Emotionen und Bedürfnisse, unsere Werte und Überzeugungen. Damit sind sie Beweggrund und Motivation für unser Handeln und Verhalten. Die Wirkungen sind nachhaltig und nicht zu unterschätzen. Sie können größtes Glück oder erdrückende Last, Fluch oder Segen bedeuten.

Eltern und Geschwister, die Kernfamilie, sind dabei ein besonders machtvolles Beziehungsgeflecht. Bewusst oder unbewusst haben sie größten Einfluss auf unser Leben. Ihre Prägungen sind besonders einschneidend. Umgeben von Erwartungen, Hoffnungen und Enttäuschungen wachsen wir im wechselseitigen Austausch miteinander heran. Die Dynamik der familiären Beziehungen bewegt sich zwischen Nähe und Distanz. Je enger der Verbund, desto wirkkräftiger sind die Prägungen – im positiven wie negativen. Gegen familiäre Prägungen an zuarbeiten oder ihnen gar zu entfliehen ist anstrengend, schwer, manchmal unmöglich.

Selbstwertgefühl

Der Auswirkungen familiärer Prägungen auf unser Selbstwertgefühl sind gravierend. Ein starkes Selbstwertgefühl macht uns fähiger, schwierige Situationen adäquat zu bewältigen. Ein geringeres Selbstwertgefühl kann uns nachhaltig in unserem individuellen Handeln blockieren und lähmen. Im 21. Jahrhundert und im westeuropäischen Kulturkreis hat die Fürsorge und die Einbindung in Familie zwar weitgehend der persönlichen Freiheit Platz eingeräumt, ein Leben selbstbestimmt zu gestalten, so dass Frauen und Männer frei nach eigenen Interessen, Wünschen und Bedürfnissen wählen und ihre Entscheidungen treffen können. Bei aller Unabhängigkeit, Individualität und Wahlfreiheit bleibt der Einfluss unserer Eltern und Geschwister auf unser Leben – im positiven wie negativen – zumindest unbewusst beständig.

Die Macht des Unbewussten

Tatsächlich lässt sich unser Handeln und Verhalten nur begrenzt durch den Verstand kontrollieren. Der bewusste Anteil macht gerade mal 5% aus. Es ist vielmehr die Macht des Unbewussten, die uns lenkt. 95% unseres Hirns arbeiten im unbewussten System der Gefühle und Triebe. (sog. Eisbergmodell) Im Unbewussten arbeiten auch unsere familiären Erfahrungen und Prägungen. Das kann schon einmal unsere persönliche Integrität, unsere Ressourcen und die Handlungsfähigkeit beeinträchtigen, sie mitunter ganz aushebeln. Dann kann es schwer werden, Interessen, Wünsche und Bedürfnisse in einem stimmigen Maß wahrzunehmen und zu beachten. Wer zum Beispiel in seiner Kindheit und Jugend häufig Sätze gehört hat wie: „Nimm dich selbst nicht so wichtig!“ „Du hast jetzt mal Sendepause.“ „Alles muss man selber machen…”, „Wer A sagt, muss auch B sagen.” „Mir ist egal, was die anderen dürfen.” für den kann es eine echte Herausforderung sein, sich selbst die notwendige Wertschätzung zu geben und für sich zu sorgen. In der Arbeitswelt und im sozialen Leben kann das Konsequenzen haben.

Selbstsorge

Das Hinschauen und Bewusstmachen unserer familiären Prägungen ist ein erster Schritt zur Selbstsorge. Es befähigt uns, eigene Gefühle und Triebe zu erkennen und zu regulieren. Wir müssen lernen, ihnen zu vertrauen. Sie unterstützen uns bei allem rationalen Abwägen. Ein ausgwogenes Zusammenspiel von Gefühlen und Verstand befähigt uns, für uns selbst zu sorgen. Die Selbstsorge führt dazu, dass wir uns selbst akzeptieren und lieben können. Das bedeutet (Selbst-)Wertschätzung. Mit dieser (Selbst-)Wertschätzung stärken wir unseren inneren und äußeren Wert. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um für andere da sein zu können. Nur wer sich selbst wertschätzt, kann anderen Wertschätzung entgegen bringen und Beziehungen mit Vertrauen und Verbundenheit aufbauen und leben. Selbstsorge ist damit auch für das bestehende Beziehungsgeflecht der eigenen (neuen) Familie notwendig, um Nähe und Distanz selbstbestimmt in Balance zu halten.

Hilfreiche Fragen, um hinderliche Verhaltens- und Denkmuster abzulegen:

  • Welche Werte und Talente machen mich aus? Was bringe ich aus der Herkunftsfamilie mit? Was habe ich daraus gemacht? Welche Muster und Glaubenssätze gilt es aufzulösen?
  • Wie würden Familie und gute Freunde, diesen Fragen beantworten?
  • Was möchte ich an meine Kinder weitergeben?

 

Offene Kommunikation

Wir alle verändern uns, ein Leben lang, und mit uns verändern sich die Beziehungen um uns herum. Familie ist eine stete systemische Interaktion: Die Systeme des einen geraten durch die Veränderung des anderen in Unruhe und bedürfen der Klärung. Äußere Klarheit braucht zunächst innere Klarheit. Innere Klarheit braucht dann äußere Klarheit.

Wer bereit ist, sein Bewusstsein offen und ehrlich zu hinterfragen, kann sich innere Klarheit verschaffen und sich weiterentwickeln. Der Blick von außen auf das eigene System mit Hilfe einer dritten Person, kann sich dabei als hilfreich erweisen.

Ohne eine deutliche Kommunikation der eigenen Interessen, Wünsche und Bedürfnisse wird unser Beziehungspartner oft nicht erahnen oder in unseren Augen lesen können, was uns gerade bewegt. Um unsere Interessen, Wünsche und Bedürfnisse authentisch in der Beziehung leben zu können, muss er davon wissen. Alles, was einen Konflikt in sich bergen könnte, unter den Teppich zu kehren, Machtkämpfe und Vorwürfe führen, nicht zu der notwendigen Klarheit.

Kommunikation in familiären Beziehungen ist eine große Herausforderung. Gelingt sie, ist sie Baustein für ein harmonisches Familienklima, und kann auch Kindern ein gutes Gefühl von Wertschätzung und Anerkennung vermitteln. Kinder können lernen, Dinge anzusprechen, zuzuhören, aufeinander einzugehen und sich auch wieder zu versöhnen. Offene Kommunikation schafft Nähe und Vertrautheit kann zu einer positiven Familienprägung und damit zu einem gesunden Selbstwertgefühl beitragen.

Deshalb: Sprechen Sie ihre Interessen, Wünsche und Bedürfnisse deutlich an, sobald sie darüber Klarheit haben. Die große Herausforderung wird sein, die richtigen Worte zu finden und sich so auszudrücken, dass es der Beziehung dient und sie nicht belastet. Wertschätzende Kommunikation – auch für emotional angespannte Situationen – lässt sich lernen. Reden Sie in ihrer Familie (altersangemessen) über Probleme und unterschiedliche Auffassungen. Ermutigen Sie dazu offen und ehrlich miteinander umzugehen. Eine offene Kommunikation wird Ihre Kinder befähigen, ihre Interessen, Wünsche und Bedürfnisse in einem stimmigen Maß wahrzunehmen und zu beachten. Es wird ihr Selbstwertgefühl langfristig prägen.

Ihre Dr. Bettina Janssen
(Rechtsanwältin, Mediatorin (DAA), Supervisorin (DGSv), Coach (ECA))

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Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Dr. Bettina Janssen. Mehr Informationen unter www.bettina-janssen.de oder per E-Mail an info@bettina-janssen.de.

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